Kindergärten

 

Die Sorgen haben endlich ein Ende:

Kita Zwergenhaus in der Waldsiedlung

wird nicht privatisiert

Und alle anderen Kitas der Gemeinde Altenstadt bleiben auch unter kommunaler Regie.

Ein Interview mit Karl Ventulett von Bündnis 90/DIE GRÜNEN

 

Zwergenhaus 2014

  Zwergenhaus-Blick ins Fenster-1     

Kita "Zwergenhaus" und Umgebung

in Altenstadt-Waldsiedlung für u.a. U3 Kinder  Matschen-das Schnste von der Welt      

                       Matschen ist das Schönste der Welt         Villa Kunterbunt 2014

Keine Privatisierung Altenstädter Kita´s

Interview mit dem Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/DIE GRÜNEN Altenstadts, Karl Ventulett am zur Entscheidung des Gemeindevorstandes der Gemeinde Altenstadt, das "Zwergenhaus" - wie der (u.a.) U 3 Kindergarten in der Waldsiedlung heißt - nicht zu privatisieren. Das Zwergenhaus ist die Kita, die auch die unter dreijährigen Kinder Altenstadts betreut. Mit dieser Entscheidung sind auch alle weiteren Pläne Makulatur, auf längere Frist alle Altenstädter Kita´s zu privatisieren.

Karl Ventulett ist seit vielen Jahren gewählter Vertreter der Altenstädter BürgerInnen in der Gemeinde­vertretung und Mitglied des Haupt- und Finanzausschusses des Gemeinde­parlaments. Er ist der Vorsitzende der Fraktion und des Altenstädter Ortsver­ban­des der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN.

Altenstadt-online: Herr Ventulett, gleich mal medias in res. Viele Eltern nicht nur von U3-Kinder­garten­kindern sind sehr erleichtert darüber, dass das Zwergenhaus in der Waldsiedlung nicht privatisiert werden wird und damit auch die Planung für eine Nachundnach-Privatisierung aller Altenstädter Kindergärten vom Tisch ist.

Wie aber ist die Privatisierung der Altenstädter Kita´s, genauer: zunächst nur des Zwergenhauses, überhaupt ins Gespräch gekommen?

K. Ventulett: Anlass war nach meinem Kenntnisstand der bevorstehende altersbedingte Leitungs­wechsel in der Kita                                 Villa Kunterbunt 014

"Zwergenhaus". Das war aber nur der Anlass. Der Grund war ein anderer. In der Gemeindeverwaltung glaubte man, eine Privatisierung könnte der Gemeinde ein größeren Batzen Geld einsparen. So ließ es die Tischvorlage für die Gemeinde­vertretung zumindest vermuten.

Altenstadt-online: Bevor wir darauf näher zu sprechen kommen, könnten Sie uns kurz erläutern, wie Kitas derzeit finanziert werden?

K. Ventulett: Im Haushaltsplan der Gemeinde Altenstadt sind für das Jahr 2015 Aufwendungen in Höhe von 3,27 Mio. € angesetzt, will heißen: Gehälter, Energiekosten, Unterhaltung sowie Abschreibungen der Gebäude summieren sich auf knapp 3,3 Mio. pro Jahr. Die Personalkosten sind mit 2,7 Mio. € der weitaus größte Posten. Finanziert wird das durch Elternbeiträge in Höhe von ca. 0,7 Mio. und durch Zuweisungen von Land und Bund in etwa gleicher Höhe. Die restlichen 1,8 Mio. begleicht die Gemeinde Altenstadt mit Steuergeldern seiner Bürger. In welcher Höhe die Landesregierung pro Kind zahlt, das richtet sich allerdings danach, ob eine Kita von einem öffentlichen, einem freigemeinnützigen oder einem "sonstigen geeigneten Träger" geführt wird. So sieht es § 32 des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch von 2006 vor. Da nun alle Kitas Altenstadts in der Trägerschaft der öffentlichen Hand liegen, fallen die Zuschüsse des Landes niedriger aus.

Altenstadt-online: Was hat sich die Verwaltung der Gemeinde Altenstadt von einer Privatisierung versprochen?

K. Ventulett: Die Fachleute im Rathaus dachten wohl vor allem an die Einsparungen, die sie erzielen könnten durch  Oberauer KinderG 014

Auslagerung der sehr aufwändigen Kitaverwaltung: Personaleinstellung, Regelung der Öffnungs- und Arbeitszeiten, das Organisieren von An- und Abmeldungen etc.

Altenstadt-online: Haben sie auch Kürzungen der Gehälter der Erzieherinnen eingeplant?

K. Ventulett: Auch das. So klar ausgesprochen aber nicht. Da fielen Begriffe wie "Versetzungen" oder "Verjüngung des Personals". Klar, Neueinstellungen kosten bekanntlich weniger als Erzieherinnen mit Langzeitverträgen.

Altenstadt-online: Was sollte es der Gemeinde an Einsparungen bringen?

K. Ventulett: Sie präsentierte uns einen Entlastungsbetrag von ca. 80.000 €. Gemessen an einer Gesamtsumme von über 3 Mio. ist das nicht viel, aber wir konnten uns keinen wirklichen Reim darauf machen und verlangten eine Aufschlüsselung des Betrages.

Altenstadt-online: Haben Sie die Aufklärung erhalten, die Sie wollten? So viel wir wissen, sind Leiterinnen Altenstädter                                                                                                                                                                                                                                            OberAu KG Spaziert herein-2          Kita´s genau deshalb immer wieder bei der Gemeinde vorstellig geworden. Sie wollten wissen, was die Privatisierung bringen würde und welche Berechnungsdaten der Gemeinde darüber vorliegen. Sie haben aber nichts bekommen. Das sorgte natürlich für erheblichen Unmut.

K. Ventulett: Oh, das war mir nicht bekannt. Aber zurück zu Ihrer Frage: Wir haben die Daten von der Verwaltung bekommen und stellten fest: viel Schaum – wenig Milch, also keine belastbaren Zahlen

Altenstadt-online: Was heißt das im Einzelnen?

K. Ventulett: Man hatte sich die einzelnen Posten schön gerechnet, z.B. das Mehr an Zu­schüssen seitens der Landesregierung, dann die Summe Einsparung durch Auslagerung der Verwaltungstätigkeit – Outsourcing nennt man das heutzutage - ferner den Posten: Was ließe sich an Einsparungen durch die Versetzungen älterer Erzieherinnen erzielen? Die Nachfrage der verschiedenen Fraktionen beim Gemeindevorstand ergab schließlich eine effektive Einspa­rung von nicht mehr als 18.000 €.

Altenstadt-online: Und das gab den Ausschlag, dieses Privatisierungsprojekt abzublasen?

K. Ventulett: Nicht allein. Es spielte auch eine Rolle, dass die Eltern und die Erzieherinnen nicht wollten und das aus gutem Grund. Die   KG Lindheim 014

Einen wehrten sich aus pädagogischen Gründen die anderen aus Sorge um die Sicherheit der Arbeitplätze. Auch ver.di hatte sich eingeschaltet, wer weiß, vielleicht wäre es sogar zum Streik gekommen. Es war klar, gegen diesen Widerstand konnte und wollte Vorstand und Verwaltung nicht bestehen, zumal die Unterstützung durch die Fraktionen in der Gemeindever­tre­tung ausblieb. Gar mancher mochte diesen Outsourcing-Plan auch aus eigenen politischen Überzeugungen nicht unterstützen. Eine Mehrheit in der Gemeindevertretung war also nicht zu erwarten. Ob das allerdings auch dann der Fall gewesen wäre, wenn sich die Hoffnung auf 80.000 € Einsparung nicht zerschlagen hätte – wetten möchte ich darauf nicht.

Altenstadt-online  : Was uns so verblüfft hat, das waren die gesetzlich fixierten, unter­schiedlich hoch bemessenen Zuschüsse der Hessischen Landesregierung. Nach der uns vorliegenden Tabelle erhält eine Kita in öffentlicher Hand weniger als eine gemeinnützige Kita-GmbH oder ein reines Privatunternehmen. Wir denken demgegenüber, dass die öffent­liche Hand nicht schlechter gestellt werden darf als private Betreiber, egal ob sie gemeinnützig oder Unternehmungen zu Gewinnzwecken sind. Wie sehen Sie, wie sieht Ihre Fraktion das?

K. Ventulett: Meine Fraktion und ich sind der Meinung, gemeindliche Kitas sollen bei der Gemeinde bleiben. Nur so können Kommunen auch Einfluss auf das pädagogische Konzept z.B. in Gestalt ihrer Erzieherinnen selbst wie durch deren Auswahl und dauerhafte Beschäftigung nehmen, was auch auf dem Hintergrund der für uns so notwendigen Stärkung kindlicher Bindungsfähigkeit zu sehen ist. Was sollen Kinder mit dauernd wechselnden Erzieherinnen?      Kita Lindheim

Letzteres setzt sogar selbst und ganz direkt so etwas wie ein pädagogisches Ausrufezeichen. - Unsere Fraktion geht da aber noch weiter. Wir vertreten das Konzept, dass die wesentlichen Bestandteile gemeindlicher Vorsorge und Versorgung nicht in private Hände gehören, schon gar nicht in solche mit Griff nach Gewinnen. Das betrifft die Kinderbetreuung und frühkindliche Erziehung, aber auch die Wasserversorgung, dessen Wiederaufbereitung, alle Aufgaben des Bauhofes und etliches mehr. Outsourcing, und genau das war mit der Privatisierung der Kita "Zwer­genhaus" geplant, bietet für uns keine längerfristigen Perspek­tiven. Längerfristig meint: für mehr als fünf Jahre. Ausgenommen davon ist für uns in diesem Zusammenhang nur die interkommunale Zusammenarbeit, wie sie etwa Altenstadt mit der Nachbargemeinde Schöneck eingegangen ist und gegenwärtig doch sehr Erfolg versprechend ent­wickelt.

Altenstadt-online: Finden Sie diese unterschiedliche Bezuschussung seitens der Lan­des­regierung fair und gerechtfertigt? Sie beinhaltet ja immerhin eine deutliche Begünstigung ge­winn­orientierter Aktivitäten und degradiert die öffentliche Hand zu einem Nur-Dienst­leister – und zwar einem Dienstleister zweiter oder dritter Klasse. Damit meine ich: Im Unterschied zu Privatun­ter­nehmen unterstehen Einrichtungen der öffentlichen Hand der demokratischen Mitbestimmung und Kontrolle in den Gemeinden. Privatisierungen schaden also der kom­munalen Selbstverwaltung und unterhöhlen unsere demokratischen Regelungen. Sehen Sie Möglichkeiten, diesen Entwicklungen – hier auf die Kita´s bezogen – entgegen zu wirken?

K.Ventulett: Ich könnte mir vorstellen, dass diese Regelung im Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetz von 2006 vor dem Europäischen Gerichtshof keinen Bestand haben würde - wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht bzw. wegen Wettbewerbsverzerrung. Es ist nicht einzusehen, dass die öffentliche Hand schlechtere Bedingungen haben sollte als private Unternehmen. Aber wo kein Kläger, da kein Richter. Wir als Altenstädter Bündnis 90/DIE GRÜNEN sollten diese Bevorzugung privatisierter Kita´s durchaus - ohne hier der Diskussion und Entscheidung unserer Fraktion vorgreifen zu wollen - thematisieren und im parlamentarischen Raum sowie im zuständigen Ministerium in Wiesbaden zur Sprache bringen. Gesetze lassen sich ja auch immer mal wieder ändern. In Stein gemeißelt sind ja auch sie nicht. 

Altenstadt online: Herr Ventulett, ich danke Ihnen für das Gespräch.                                                                                           Kindergarderobe  

Das Gespräch mit Karl Ventulett führte Altenstadt-online am 17. Februar 2015. Kurz zuvor war der Beschluss des Vorstandes der Gemeinde bekannt geworden.